Bisher ist Agro-Gentechnik in der EU streng reguliert: Sicherheitsstandards und Kennzeichnungspflicht schützen Umwelt und Landwirtschaft und sorgen dafür, dass Verbraucher*innen selbst entscheiden können, was auf ihre Teller kommt. Die EU-Kommission will diese Regeln für Verfahren der Neuen Gentechnik (NGT) nun massiv abschwächen. Dafür hat sie einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt.
Kritik aus wissenschaftlicher Sicht
In dieser Veranstaltung haben wir einen Schwerpunkt auf die Kritik aus wissenschaftlicher Sicht gelegt. Wir fragten: Was ist falsch am Verordnungsvorschlag der EU-Kommission?
Dafür haben wir die zentralen Kritikpunkte sowie Anregungen für mögliche Ansätze zusammengetragen und Analysen des Bundesamts für Naturschutz, der Gesellschaft für Ökologie für Deutschland, Schweiz und Österreich sowie der französischen Lebensmittelbehörde ANSES beleuchtet.
Kritisiert wurde u.a. der vorgeschlagene pauschale Freibrief für eine Vielzahl von GVO als Verstoß gegen das europäische Vorsorgeprinzip: selbst kleine gentechnische Veränderungen können ein hohes Risikopotenzial für Umwelt und Verbraucher*innen haben. Dass die Deregulierung zusätzlich auch Wildpflanzen, Algen und Bäume beinhalten soll - bis zu 300.000 Wildpflanzenarten könnten von einer Deregulierung betroffen sein - berge zusätzliche unnötige Risiken für Ökosysteme und Biodiversität, so die Expert*innen.
Unsere Referent*innen:
• Dr. Margret Engelhard (Bundesamt für Naturschutz)
• Prof. Dr. Katja Tielbörger (Universität Tübingen)
• Dr. Christoph Then (Testbiotech)
Die Präsentationsfolien finden Sie hier.
Zivilgesellschaft gegen die Gentechnik-Deregulierung
Laute Kritik kommt auch aus der Zivilgesellschaft. Der Grund: Eine Umsetzung des Vorschlags der EU-Kommission hätte gravierende Folgen für Umwelt, Verbraucher*innen sowie alle Akteure entlang der Lebensmittelkette:
- Fast alle NGT-Pflanzen könnten ohne sorgfältige Prüfung zugelassen und angebaut werden. Das gefährdet das europäische Vorsorgeprinzip, mangelnde Risikoprüfung und Zulassung führen dazu, dass Gefahren für Ökosysteme unzureichend berücksichtigt zu werden drohen.
- Diese Pflanzen und die Produkte daraus würden ohne Kennzeichnung auf den Markt und in die Supermarktregale gelangen. Die fehlende Transparenz verhindert Wahlfreiheit – für die Verbraucher*innen, aber auch in der Züchtung, in der Landwirtschaft und bei den Lebensmittelunternehmen.
- Dagegen wehren sich Umweltverbände, Verbraucher*innen, Bäuer*innen, Imker*innen und andere Lebensmittelproduzent*innen sowie ihre Verbände.
Wissenschaftliche Publikationen:
- Bundesamt für Naturschutz (2024): For a science-based regulation of plants from new genetic techniques
- Expert Group “New Genomic Techniques”, Ecological Society of Germany, Austria and Switzerland (GFÖ) (2023): New genomic techniques from an ecological and environmental perspective: science-based contributions to the proposed regulations by the EU Commission
- New genomic techniques (NGTs) (2024): ANSES calls for appropriate regulations
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